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Huldas Geschichte

Gerade habe ich die letzten Seiten dieses außergewöhnlichen Krimis gelesen, der mich überrascht hat und auf dessen zweiten Teil ich jetzt ungeduldig warte. Die Hulda-Trilogie des Isländers Ragnar Jónassons beginnt mit dem Band „Dunkel“. Hulda Hermansdóttir ist Kommissarin in Reykjavik und steht am Ende ihrer Berufslaufbahn – unfreiwillig. Ihr Vorgesetzter informiert sie eines Tages darüber, dass ein junger aufstrebender Kollege ihren Platz einnehmen wird und sie in den Ruhestand zu gehen hat. Hulda ist auf dem Abstellgleis und hat nur noch wenige Tage Zeit, nimmt den lapidaren Rat ihres Chefs wörtlich und sucht sich einen Cold Case aus, den sie lösen will. In einer Bucht der Reykjanes-Halbinsel wurde die Leiche einer russischen Einwanderin gefunden. Ist Elena, die gerade erst ihre langersehnte Aufenthaltserlaubnis erhalten hat, wirklich freiwillig aus dem Leben geschieden oder war es Mord? 

Das Besondere an dieser Trilogie ist, dass sie am Ende der Geschichte beginnt, nämlich kurz vor dem Ende von Huldas Berufslaufbahn, und in der Zeit zurückgehen wird zu ihren Anfängen als Polizistin. Das Besondere ist auch, dass die Heldin eine über sechzigjährige einsame Einzelgängerin ist, die Fehler macht. Kapitale Fehler sogar, mit denen sie sich in eine ausweglose Situation katapultiert. Jetzt sehe ich, dass „Dunkel“ mittlerweile auf der Spiegel-Bestsellerliste steht, und ich freue mich darüber, dass diese ungewöhnliche Heldin und ihr letzter Fall viele Leser finden.

Hulda lebt ein gebrochenes Leben. Sie hat die ersten Lebensjahre im Waisenhaus verbracht und später zuerst ihre dreizehnjährige Tochter und dann ihren Mann verloren. Kurz vor dem Ende ihre Berufslaufbahn schöpft sie jetzt noch einmal Hoffnung auf eine neue Liebe und einen neuen Anfang. Eigentlich könnte nun alles wieder ein wenig gut werden. Die Handlung nimmt zunächst fast gemächlich aber beständig Fahrt auf. Am Ende des Buches sind viele Fragen beantwortet und ebenso viele offen.

Ich bin fasziniert, denn als ich die zehn letzten Seiten erreicht hatte, war ich bereits der festen Überzeugung, genau zu wissen, was mich erwartet. „Kenne ich“, wollte ich schon sagen und mich darüber ärgern, dass das Ende wieder einmal vorhersehbar ist. Ich habe mich gründlich getäuscht und das ist das Beste, was einem Leser auf den letzten zehn Seiten eines Krimis passieren kann. 

Und ich habe mich erinnert: Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich einen Flug nach Reykjavik gebucht und bin wenige Wochen später nach Island geflogen. Mit meinem Fahrrad und einem Zelt im Gepäck. Mein zweiwöchige Radtour durch Island begann auf eben dieser Halbinsel Reykjanes, auf der Hulda in ihrem Fall ermittelt. Und so bin ich mit diesem Roman ein Stück weit noch einmal nach Island gereist, ich habe mich an den gnadenlosen Wind auf Reykjanes erinnert, durch den ich nach Reykjavik gefahren bin, und habe noch einmal alle Facetten von Blau, Grün und Grau gesehen, die diese Landschaft kennzeichnen.

Ragnar Jónasson: Dunkel
Aus dem Englischen von Kristian Lutze
btb Verlag 2020
ISBN 978 3 442 75860 9

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  • Beitrag veröffentlicht:1. Juli 2020
  • Beitrags-Kategorie:Island / Spannung

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Elizzy

    Hallo! Ein wunderbarer Beitrag, ich liebe ja isländische Thrillers, dieser hier ist sogleich vorgemerkt 😀

  2. ligusterbooks

    Vielen Dank! Ich wünsche dieser Trilogie viele Leser und Dir viel Freude damit. Ein Beitrag über den zweiten Band folgt in Kürze.
    Herzliche Grüße!

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